Der Buchdruck gilt als medienhistorischer Wendepunkt – doch viele vertraute Erzählungen über seinen Beginn greifen zu kurz. Der Vortrag nimmt verbreitete Missverständnisse zum frühen Buchdruck unter die Lupe und fragt nach dem tatsächlichen Medienwandel um 1450. Im Zentrum stehen die parallele Existenz unterschiedlicher Druckverfahren, die fortdauernde Rolle der Handschrift sowie der kritische Blick auf Auflagenhöhen, Überlieferungslücken und Forschungsgrundlagen. Abschließend wird ein digital gestützter methodischer Zugriff vorgestellt, der neue Wege zur Analyse früher Drucktypen eröffnet – und dabei auch die Grenzen quantitativer Verfahren sichtbar macht.
Kurzvita: Nikolaus Weichselbaumer ist Juniorprofessor für Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach dem Studium der Buchwissenschaft und Germanistik in Erlangen wurde er mit einer Arbeit zum typographischen Werk Hermann Zapfs promoviert. Seine Forschung verbindet technik- und wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen mit digitalen Methoden der Buchforschung, insbesondere zur automatisierten Analyse typographischer Merkmale. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Geschichte der Schriftgießerei, die Materialität früher Druckprozesse sowie Mustererkennung in historischen Drucken. Er leitet mehrere drittmittelgeförderte Projekte, darunter das deutsch-britische Vorhaben ‚Werck der Bücher‘.
Moderation: Dr. Christine Magin