Genese und Grundannahmen des Forschenden Lernens

 

Die Krise des amerikanischen Bildungssystems in der Mitte des 20. Jahrhunderts hat zu der Annahme geführt, dass es nicht genügt, die heranwachsende Generation in die Lage zu versetzen, sich ein vorhandenes Wissen anzueignen und zu reproduzieren. In Reaktion darauf haben McLuhan und andere in den 1960er-Jahren die Methode des inquiry- bzw. research-based learning entwickelt. Das Prinzip des active learning, das auf die amerikanische Tradition des Pragmatismus (Dewey), Piaget und Freire zurückgeht, wird sowohl an Schulen als auch an Universitäten praktiziert.

Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff des Forschenden Lernens in den späten 1960er-Jahren maßgeblich von Ludwig Huber im Zuge der Arbeit der Bundesassistentenkonferenz geprägt (s. hierzu die 2009 neu aufgelegte Schrift der Bundesassistentenkonferenz »Forschendes Lernen – wissenschaftliches Prüfen« von 1970). In Anlehnung an das humboldtsche Ideal der Universität wird davon ausgegangen, dass Forschung und Lehre eine Einheit bilden. Diesem Verständnis zufolge sind Wissenschaft und Forschung im Sinne der Aufklärung als selbstreflexiver Prozess des sich bildenden Individuums aufzufassen. Die Lehre ist daher in erster Linie aus dem Forschungsprozess selbst abzuleiten. Das Gelingen forschenden Lehrens hängt damit in hohem Maße von der Fähigkeit des Forschenden ab, die einzelnen Elemente, Anordnungen und Handlungen des Forschungsprozesses möglichst präzise und für andere nachvollziehbar zu vermitteln. Das Einbeziehen der transparenten Darstellung und Diskussion möglichst authentischer Fälle wissenschaftlichen Arbeitens und Forschens ist eine wichtige Voraussetzung dafür, Lernende mit dem Generieren von Forschung und neuen Erkenntnissen in Kontakt zu bringen. Studierende sollten daher möglichst frühzeitig an aktuell stattfindende, noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten herangeführt werden und aktiv mit einbezogen werden.

Das Forschende Lernen ist insofern umfassender als das so genannte problembasierte bzw. -orientierte Lernen, als idealerweise nicht nur bereits definierte Probleme bearbeitet werden, sondern das Auffinden und Identifizieren von Problemen und die Formulierung einer eigenständigen Fragenstellung als ein wesentliches Moment des Forschendes hinzutritt (vgl. Huber 2009).