Anlässlich des 275. Jubiläums der Einweihung des Neubaus des Hauptgebäudes der Universität Greifswald am 28. April 2025 sprechen wir mit Universitätsarchivarin Dr. Elisabeth Heigl über die Hintergründe des Baus, die damalige und heutige Nutzung. Außerdem verrät sie ihre kuriosesten Geschichten zum Neubau.
Was gab den Anlass für den Neubau? War es eine Notwendigkeit oder Selbstverwirklichung des Baumeisters Andreas Mayer?
Am Ort des heutigen Hauptgebäudes stand in ähnlichem Ausmaß der Vorgängerbau von 1591. Mit seinen knapp 160 Jahren wurde er baufällig. Weil die Gelder fehlten, konnten Schäden am und im Haus immer nur notdürftig repariert werden. Nach diversen Kriegen musste gehandelt werden. Die dringende Notwendigkeit einer Sanierung schließt aber nicht aus, dass sich der Initiator und Baumeister Andreas Mayer mit einem Neubau ein Denkmal in Stein setzen wollte.
Heute umfasst das Hauptgebäude die Aula, das Rektorat und einige zentrale Einrichtungen. Wie wurde das Gebäude eigentlich ursprünglich genutzt?
Der barocke Prachtbau von 1750 kombinierte, wie schon das Vorgängergebäude, öffentliche und private Räume. Es diente der Gemeinschaft der Universitätsangehörigen – also von Lehrern und Schülern. Zweckentsprechend lagen im Zentrum des Gebäudes im ersten Stockwerk ein großer Hörsaal (heute Konferenzraum) und darüber auf zwei Stockwerken die Universitätsbibliothek (heute Aula). Daneben gab es im ersten und zweiten Stock jeweils einen weiteren kleinen Hörsaal, darüber noch einen Anatomischen Saal und außerdem das Naturalienkabinett. An den Ost- und Westseiten, also heute auf Höhe der Hochschulkommunikation auf der einen Seite und der Kustodie und der Gleichstellung auf der anderen Seite, waren Dienstwohnungen für Professoren, die in ihren Räumen aber auch private Lesungen abhielten oder auch Studenten beherbergten. Wo heute die Rektorin und ihre Sekretärinnen sitzen, befand sich der Konzilsaal, der Tagungsraum für die selbstverwaltende Professorenschaft, inklusive einer angrenzenden „Akten-Kammer“. Und darunter lag in zwei Räumen das Archiv.
Frau Heigl, Sie haben sich sowohl in Ihrer Dissertation als auch jetzt als Uniarchivarin mit der Geschichte des Hauptgebäudes intensiv auseinandergesetzt. Was war das Kurioseste, was Ihnen begegnet ist?
Die Geschichte des prächtigen Neubaus als wirtschaftlicher Sündenfall der vormodernen Universität, die ich im Zuge meiner Recherchen (wieder)entdecken durfte, fand ich herausragend kurios. Besonders beeindruckte mich allerdings, dass 1750 geplant war, etwas umzusetzen, was im Vorgängerbau seit den 1650er Jahren wegen erheblicher Bestandsschäden nicht mehr fortgeführt worden war: eine Burse, also Studentenzimmer im Dachgeschoss. Wenn ich auf dem Rubenowplatz stehe, stelle ich mir manchmal vor, wie es wohl wäre, wenn unter dem Dach des Hauptgebäudes heute noch ein kleines Studentenwohnheim wäre.
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Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
Dr. Elisabeth Heigl
Universitätsarchivarin
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