Die (Medical) Humanities haben auf internationaler Ebene, auch im deutschsprachigen Raum, Konjunktur. Im Bewusstsein um das schützenswerte kritische Wissen als intellektuelles Kapital der Humanities hat die UNESCO 2017 eine Expert*innen-Gruppe beauftragt, den „World Humanities Report“ zu verfassen. Eine der daraus entsprungenen Zielsetzungen ist, die Humanities als eigenständiges akademisches Feld zu etablieren und ihre souveräne Rolle zu stärken. Das bedeutet, dass die Humanities als Knotenpunkt, an dem transversale disziplinäre Verbindungen und experimentelles Denken möglich sind, ihr Verhältnis zu den Bezugsfächern neu definieren. Ausgehend von diesen Dynamiken geht die Keynote-Lecture der Frage nach, ob und wie sich die Konjunktur der Medical Humanities auf ihre theoretische, institutionelle und gesellschaftliche Positionierung auswirkt. In den Fokus rücken biokulturelle Praktiken, bei denen sich die Medical Humanities behaupten und womöglich neu erfinden können.
Mariacarla Gadebusch Bondio leitet das Institute for Medical Humanities an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Mit einem Hintergrund in Philosophie, Wissenschaftsgeschichte und Romanistik forscht sie zur Ethik und Kulturgeschichte der Medizin. Zu ihren Forschungsfeldern gehören Praktiken der Evidenzgenerierung und der Umgang mit unsicherem Wissen. Konzepte von Gesundheit und Krankheit, Geschlecht und Scham, Hoffnung und Fürsorge bilden weitere Schwerpunkte, die sie u.a. anhand von illness narratives untersucht. Sie ist ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste und Mitherausgeberin u.a. der Reihe Medical Humanities (Schwabe Verlag) und des Medizinhistorischen Journals.
Moderation: Professor Dr. Giovanni Rubeis